Anschlussstunde

Nach unserer Unterrichtseinheit waren wir gespannt, wie die Deutschlehrerin thematisch anschließen würde. Die Lehrerin hatte allerdings vergessen, dass diese Stunde ihre erste Stunde sein sollte. So musste sie improvisieren und die Stunde ungeplant halten.Wir waren selbstverständlich ein wenig enttäuscht, aber auch überascht wie schnell sie eine Unterrichtsstunde aus dem Ärmel schütteln konnte. Zunächst nahm sie Bezug auf den Lernstand und wiederholte so die einzelnen Aspekte der vergangenen zwei Wochen. Wo stehen wir? Was haben wir gemacht? Genannt wurde: Autoren im Exil, sprachliche Unterschiede, Stellungsnahmen von Autoren, ein Autor ist in Deutschland geblieben, Verlust der Muttersprache, innere Emigration. Gottseidank, die SuS haben etwas behalten aus unserem Unterricht!

Aufgearbeitet werden mussten jedoch Fragen wie:

Muss es immer Nazi-Deutschland sein, wenn man von Exilanten spricht?

Zu welcher Gattung gehören Gedichte und welche Gattungen gibt es nochmal?

Was ist der Unterschied zwischen einem Vers, einer Zeile und einer Strophe?

Zudem sprach die Lehrerin die fehlenden Hausaufgaben an: „Kaum einer hat die Hausaufgaben in den letzten Stunden gemacht. Wat mach mer da außer 0 Punkte zu vergeben?“ So bindet die Lehrerin die SuS ein und macht es zu einem Problem, das alle etwas angeht. Die SuS meinen, dass sie alt genug seien, sich der Verantwortung bewusst zu sein. Sie würden schon irgendwann merken, dass die fehlenden Hausaufgaben auch zu einer schlechteren Note führen.

 

 

Literarische Epochen

In der S1 der Schule meiner Tandempartnerin müssen die SuS im Februar und März Präsentationen der literarischen Epochen von der Barockzeit bis zum Expressionismus halten. Die Idee hierzu wurde von allen Deutschlehrern der S1 zusammen entwickelt und in der gleichen Zeit durchgeführt.

Die Lehrerin hat im Vorfeld die Vorgaben zur Gestaltung der Referate wie folgt angegeben:

1. Vortrag (Powerpoint oder Folien: in jedem Fall visualisiert!)

2. Handout (Thesenpapier) mit Quellenangaben!

  • wichtigste Informationen zur jeweiligen Epoche (Eckdaten, Inhalte, Personen, Werke)
  • Beispieltext (Gedicht) mit Aufgaben für den Kurs

3. Bearbeitung des beispielhaften Gedichts mit dem Kurs

4. Abgabe des Handouts in der Sitzung vor dem Referatstermin!

Die SuS halten ihre Referate in einer Gruppe von maximal vier Personen. Die Lehrerin hielt sich während der gesamtem Präsentationsphase zurück und wirkte nur bei organisatorischen Schwierigkeiten ein. Es fällt bei fast jeder Referatsgruppe auf, dass es den SuS schwer fällt, die Zeit angemessen einzuteilen. Gerade die Aufgabenverteilung und das gemeinsame Erarbeiten von Interpretationsansätzen dauert länger als von ihnen eingeschätzt. Die „Frontal-Phasen“, d.h. die Phasen, in denen die Referatsgruppe die wichtigsten Merkmale der Epoche beschreiben, werden eher monoton und wenig abwechslungsreich gestaltet. So wird entweder von Zetteln oder gleich von den Folien abgelesen. Erst in der Phase, in denen sich die SuS selber in die Lehrperson versetzen müssen, zeigen sie viel Kreativität: „Platzdeckchen-Methode“, „Rate-Quiz“, „Frage-Fußball“, Gruppenarbeiten und vieles mehr.

Hier ein Einblick in die Handouts der Schüler: Präsentationen

Erst nach der sechswöchigen Phase werden den SuS ihre Noten mitgeteilt. Wie es wahrscheinlich immer der Fall ist, sind auch hier wieder einige SuS mit ihren Noten nicht einverstanden und möchten über diese diskutieren. Die Lehrerin lässt sich auf eine Notenverhandlung nicht ein und verweist auf ihre anfangs getätigte Begründungen. Der Notendurchschnitt der Referate hält sich im Mittelfeld.

 

Das vierte Semester #1

Das vierte Semester ist von der Behörde thematisch nicht vorstrukturiert und ermöglicht es so, den Lehrenden als auch den SuS nach Interessenslage zu gehen. Die Deutschlehrerinnen meiner Schule einigen sich darauf, die SuS entscheiden zu lassen, womit sie sich in dem folgenden Semester beschäftigen möchten.

Die Lehrerin entscheidet sich dazu, die SuS auf einem „literarischen Basar“ auszuhandeln, welches Thema das interessanteste ist. Hierzu schlägt sie folgende Themen unter dem Aspekt Weltliteratur vor:

  • Nobelpreisträger und das ausgezeichnete Werk
  • Verfilmte Literatur (Schlink, Der Vorleser; M. Walser, Ein fliehendes Pferd)
  • Sogenannte Standardwerke der Weltliteratur (Was muss „man“ gelesen haben?)
  • Verantwortung des Wissenschaftlers in der Literatur (Dürrenmatt, Kipphardt, Brecht)
  • Literaturgeschichte, z.B. Realismus, Naturalismus (Fontane, Hauptmann)
  • Gesellschaftliche Utopien (Orwell, Huxley)
  • Romeo- und Julia-Motiv (anhand unterschiedlicher Roman- und Dramenausschnitte, Film- und Bildmaterial)

Zudem können die SuS Themen auswählen, die sie selber als wichtig erachten.

Die SuS haben 40 Minuten Zeit eine Rede für ihr Themengebiet zu erstellen. Auf dem „literarischen Basar“ sollten die SuS so ihre Vorschläge nicht nur vorstellen, sondern versuchen in einer flammenden Rede, ihr Thema erfolgreich durchzusetzen, die MitschülerInnen zu überzeugen.

Das Vorgehen ist hierbei das folgende:

  • Überlegt in der Gruppe mögliche Unterthemen oder Fragen, die beantwortet werden könnten. Je differenzierter, desto besser!
  • Macht Vorschläge, -wie ihr den Themenkomplex behandeln wollt
  • – wie die Ergebnisse vermittelt werden könnten
  • – wie das Produkt aussehen könnte

Die Reden fallen nach dem 40 Minuten wenig emotional und enthusiastisch aus. Nichtsdestotrotz zeigt sich, dass fast alle SuS die Standardwerke der Weltliteratur im folgenden Semester behandeln möchten.

Die SuS erhalten in der folgenden Doppelstunde einen Arbeitsplan für das kommende Semester. Die SuS sollen sich in Gruppen den jeweiligen Büchern zuordnen:

  • Bildnis des Dorian Gray – Oscar Wilde
  • Der Gott des Gemetzels – Yasmina Reza
  • Der alte Mann und das Meer – Ernest Hemingway
  • Wüstenblume – Waris Dirie
  • Drachenläufer – Khaled Hosseini
  • Mephisto – Klaus Mann

Nach jeweils drei Wochen eigenständigen Erarbeitens müssen die Gruppen eine der Teilaufgaben im Plenum vorstellen. – Eine Buchkritik schreiben, den Vergleich zu einem Film schreiben, einen Inneren Monolog schreiben und die Besetzung der Protagonisten für eine Theateraufführung casten. Dies soll gewährleisten, dass auch die übrigen SuS einen Einblick in die Werke bekommen und Druck aufbauen, tatsächlich an ihren Aufgaben kontinuierlich zu arbeiten.

Leider konnte ich nur in den Gruppenphasen hospitieren und habe somit die Präsentationen nicht beobachten können. In den Gruppenarbeiten zeigte sich jedoch, dass manche Gruppen mehr und engagierter arbeiteten als andere. Nichtsdestotrotz hielten sich die SuS an den Ablaufplan und zeigten der Lehrerin eine Woche vor der Präsentation, dass sie bereit sind, ihren Vortrag zu halten. Der Vortrag muss hierbei nicht in der Gruppe absolviert werden, sondern kann ebenso in einer Einzelarbeit ausgearbeitet werden. Die Lehrerin lässt den SuS während der Gruppenarbeitsphase den Freiraum, sich entfalten zu lassen, wie sie möchten. Dennoch zeigt sie sich präsent, setzt sich immer wieder an die Gruppentische und beantwortet thematische Nachfragen. Die SuS zeigen sich motiviert in der Mitarbeit und scheinen sich anerkannt zu fühlen, da sie die Struktur des vierten Semesters mitbestimmen durften. Jediglich drei der 25 SuS scheinen wenig Interesse an dem Thema zu haben. Sie sind leistungsschwache SuS, die der Lehrerin auch im Vorfeld immer wieder zeigten, dass ihnen die Institution Schule an sich nicht wirklich zusagt.

Das vierte Semester #2

„Das vierte Semester ist von der Behörde thematisch nicht vorstrukturiert und ermöglicht es so, den Lehrenden als auch den SuS nach Interessenslage zu gehen. Die Deutschlehrerinnen meiner Schule einigen sich darauf, die SuS entscheiden zu lassen, womit sie sich in dem folgenden Semester beschäftigen möchten.“

In diesem Kurs gibt die Lehrerin vor, dass die erste Hälfte des vierten Semesters die Komödie „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt erarbeitet wird. Thematisch wird so an das letzte Semester angeknüpft, in dem die Verfilmung von „Der Besuch der alten Dame“ besprochen wurde. Für den zweiten Teil des Semester dürfen die SuS selber Vorschläge machen, welche Themengebiete sie interessieren. Genannt werden:

  • Sprache der Werbung
  • Shakespeare
  • Faust
  • Manipulation durch Rhetorik
  • Die Verblendung von Stieg Larsson
  • Schuld und Sühne von Fjodor M. Dostojewskij
  • Vorstellung der eigenen Lieblingsbücher

Die SuS sollen nun als Hausaufgabe ein Thema ausarbeiten und somit schriftlich begründen, warum sie sich für dieses Thema entschieden haben. In der nächsten Stunde zeigt sich, dass sich die Mehrheit des Kurses für die Sprache der Werbung interessieren. Auch die Lehrerin findet dieses Thema sehr interessant, merkt aber auch an, dass auch sie sich erstmal einarbeiten muss. Aufgrund der zeitlichen Überschneidung mit einem anderen Kurs konnte ich leider die didaktische Umsetzung von „Die Physiker“ nicht beobachten.